"Die therapeutische Beziehung der Gestalttherapie - eine Liebeserklärung an den Menschen."
Lotte Hartmann-Kottek
Gestalttherapie ist eine Haltung und ein humanistisches Psychotherapieverfahren.
Gestalttherapie ist emotions-, körper-, prozess- und erfahrungsorientiert. D.h., dass der Gestalttherapeut vor allem Gefühle und Körperempfindungen fokussiert, mit dem arbeitet was im Hier-und-Jetzt stattfindet und erlebnisaktivierende Methoden verwendet. Beispiele für diese Methodik sind das verstärkte Wiederholen einer Körperbewegung, das Einnehmen einer Körperhaltung und das Platzieren von Persönlichkeitsanteilen oder imaginierten Bezugspersonen auf Gegenständen.
Mögliche Ergebnisse sind hierbei das Integrieren von ungeliebten und/oder abgespaltenen Persönlichkeitsanteilen sowie das Aufdecken von verschütteten Gefühlen und Bedürfnissen. Dabei bleibt das wichtigste Ziel der Gestalttherapie die Unterstützung sowie Begleitung der Selbstwerdung. Das heißt, dass die Bewusstheit für den persönlichen Weg geschärft, Widerstände und Wachstumsblockaden geklärt werden.
In der Gestalttherapie sind wesentliche Erkenntnisse aus der Psychoanalyse, der Gestaltpsychologie, der Phänomenologie, der Existenzphilosophie, der Feldtheorie und den Kommunikationswissenschaften zur therapeutischen Anwendbarkeit gebracht worden. Dazu werden Elemente aus dem Zen, aus Morenos Psychodrama, der Körperpsychotherapie (Reich) und der Gruppendynamik eingesetzt. Die Gestalttherapeuten der 70er und 80er Jahre legten Wert auf einen integrativen Ansatz und experimentierten mit so ziemlich allen Entwicklungen, die neu in der Psychoszene auftauchten.
Umgekehrt hat die Gestalttherapie alle weiteren Entwicklungen in der humanistischen Psychologe wesentlich mitgeprägt: Der feldtheoretische Ansatz schlägt eine Brücke zur systemischen Therapie. Die aus dem Zen weiterentwickelte Betonung der Awareness (Bewusstheit/Gewahrsein/Achtsamkeit) in der Selbsterfahrung und in der therapeutischen Beziehung und die Offenheit für alles, was sich im menschlichen Bewusstsein abspielt, hat erhebliche Impulse zur Entwicklung der Bewusstseinspsychologie/ Transpersonalen Psychologie gegeben. Der "heiße Stuhl" ist zentraler Bestandteil konfrontativer Therapie, die positive wertschätzende Haltung dem Klienten gegenüber findet sich in "positiver" Therapie und in klientenzentrierten Ansätzen wieder.
Gestalttherapie ist nicht zu verwechseln mit der Gestaltungstherapie/Kunsttherapie. Kreative Medien sind ein wichtiger Bestandteil der Gestalttherapie. Gestalttherapie beschränkt sich allerdings nicht nur darauf.
Die empirisch-wissenschaftliche Perspektive:
Uwe Strümpfel schreibt in dem Forschungs-Kapitel aus Lotte Hartmann-Kottek's Gestalttherapie, Springer, 3. Auflage, 2013:
"Nach heutigem Forschungsstand gehören die erfahrungsorientierten Therapien zu den Kandidaten für die wirksamsten Therapieverfahren der Zukunft." (S. 282) Gestaltpsychotherapie gehört zu den erfahrungsorientierten Therapien.
"Therapievergleichsstudien belegen, das die Effekte der Gestalttherapie vergleichbar sind mit denen anderer Therapieformen - oder sogar besser." (S. 284)
"Die positiven Befunde der Therapievergleichsstudien finden sich für verschiedene Störungsbilder. Vielversprechen zeigen neuere Studien die Wirkung der Gestalttherapie insbesondere bei affektive und Persönlichkeitsstörungen, in einigen der jüngsten Studien auch für psychosomatische und Abhängigkeitsstörungen. Dabei zeigt die Gesamtheit der vorliegenden Studien ein breites Wirkungsspektrum der Gestalttherapie, einschließlich der Arbeit mit stark gestörten Patienten mit unterschiedlichen psychiatrischen Diagnosen wie Schizophrenie und schweren Persönlichkeitsstörungen." (S. 284)
Diplom-Psychologe Thomas Janotta-Tsaknis
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